Sportlernahrung mit mehr Power: VSW verliert Berufungen in Frankfurt und Zweibrücken

Die Sportlernahrung hat es dem VSW (Verband Sozialer Wettbewerb) angetan, einem Abmahnverein aus Berlin. Diverse Hersteller, Händler und Importeure wurden vom VSW abgemahnt, der die Ansicht vertrat, daß die angebotenen Produkte als Arzneimittel und nicht als Lebensmittel einzustufen seien.
Der VSW begründete seine Anträge mit Zeitungs-Artikeln aus den USA über Dopingmittel und stellte die Sporternährungsprodukte den Dopingmitteln gleich, unabhängig davon ob die Inhaltsstoffe übereinstimmten oder die Verzehrempfehlungen bzw. Dosierungen identisch waren.

Vor dem Landgericht Darmstadt machte der VSW Unterlassungsansprüche gegen Werbeaussagen oder Zusammensetzungen von 58 verschiedenen „Sporternährungs-produkten“ in einem Verfahren geltend. Der VSW versuchte seine Ansprüche überwiegend mit der Vorlage eines einzigen Internet-Auszuges zu begründen. Das war dem Landgricht Darmstadt zu pauschal und es lehnte den Antrag für 37 Produkte ab. Der VSW sowie der Sportnahrungshändler gingen in die Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Die Berufung des VSW wurde zurückgewiesen, während die Berufung des Sportnahrungsherstellers hinsichtlich der übrigen 21 Beanstandungen teilweise erfolgreich war (OLG Frankfurt, Az.: 12 U 111/99)

Aber vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken sollte es den VSW noch schwerer treffen. Zuvor hatte das Landgericht Frankenthal ein Aminosäure-Produkt als Arzneimittel eingestuft. Der betroffene Sportnahrungshändler hatte enorme Umsatzverluste und ging in Berufung. Das OLG Zweibrücken (4 U 103/99) hob die einstweilige Verfügung auf, das Produkt durfte wieder verkauft werden.

In beiden Verfahren wurden die Gegner des VSW von den Rechtsanwälten Sachs in Hamburg beraten bzw. vertreten, die sich auf Sporternährung, Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel spezialisiert haben.

Weitere gerichtliche Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert. In der Richtlinie 2002/46/EG vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel heißt es in Ziffer 6 der Erwägungsgründe, dass Nahrungsergänzungsmittel eine breite Palette von Nährstoffen und anderen Zutaten enthalten können, unter anderem, aber nicht ausschließlich, Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren, essentielle Fettsäuren, Ballaststoffe und verschiedene Pflanzen und Kräuter-extrakte.

Am 24. Mai 2004 ist die Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) in Kraft getreten und damit die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt worden. In den Anlagen 1 und 2 werden aber nur Vitamine, Mineralstoffe und deren Verbindungen angegeben. Daraus könnte man schließen, dass die übrigen oben zitierten Nährstoffe nicht in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein dürfen.

Aus § 3 NemV ergibt sich, dass die in der Anlage 2 aufgeführten Zusatzstoffe zu ernährungs-physiologischen Zwecken zugelassen sind und andere Vitamin- und Mineralstoffverbindugen nicht verwendet werden dürfen. Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass nur andere Vitamin- und Mineralstoffverbindungen nicht zugelassen sind und eine Harmonisierung der übrigen Nährstoffe noch erfolgen wird.

Die Oberverwaltungsgerichte Lüneburg und Saarbrücken haben jüngst ebenfalls deutlich darauf hingewiesen, dass nunmehr die Qualifizierung eines Produktes nach den neuen gesetzlichen Vorgaben und nach der neuen Rechtslage zu beurteilen sind.
Schon zuvor hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass grundsätzlich die Rechtsprechung und die EU-Richtlinien von den Behörden und Gerichten der EU-Mitgliedsstaaten unmissverständlich eingehalten werden müssen (EuGH, Urteil vom 10. Mai 2001, NJW 2001, 2244 ff.).
Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9. Jan. 2001 entschieden, dass jedes Gericht, das sich hinsichtlich des Europäischen Rechts nicht ausreichend kundig macht, regelmäßig die Bedingung der Vorlagenpflicht verkennt (BVerfG in NJW 2001, 1267 ff.).
Ferner ist vielen unbekannt, daß Richtlinien auch dann zu beachten sind, wenn die Umsetzungfrist noch nicht abgelaufen ist. So jedenfalls hat der BGH entschieden (BGH in NJW 1998, 2208 f.)

Es ist viel Bewegung im Lebensmittelrecht und daran wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Bei einer Abmahnung sollte daher immer anwaltlicher Rat eingeholt werden. Wir helfen Ihnen jederzeit gern weiter. (js, 2001)

Schreiben Sie einen Kommentar